Im Jahr 2050 werden sich Millionen Menschen im globalen Süden ihr Grundnahrungsmittel Fisch nicht mehr leisten können – sie werden ihn exportieren, statt ihn zu essen. Diese Prognose veröffentlicht der WWF  heute in einem Report zur zukünftigen weltweiten Fischversorgung.

 „Wenn wir es richtig angehen, werden wir in 35 Jahren mehr Fisch sowohl im Ozean als auch in den Netzen haben. Allerdings wird der gefangene Fisch sehr wahrscheinlich nicht dort landen, wo die Menschen ihn zum Überleben brauchen“, so Karoline Schacht, Fischereiexpertin des WWF und Co-Autorin der Studie. „Obwohl wir also im besten Fall mehr Wildfisch zur Verfügung haben, könnten in Zukunft weniger Menschen davon profitieren. Wir müssen Fisch gerechter verteilen.“ Wissenschaftler der Universität Kiel analysierten, wieviel Meeresfisch im Jahr 2050 nachhaltig gefangen werden kann und berechneten erstmals, ob diese Menge für alle Menschen reichen wird. „Unser Fischkonsum im globalen Norden wird in Zukunft erheblichen Einfluss auf die Lebensbedingungen der Menschen haben, die viel stärker von Fisch abhängig sind als wir“, so Schacht. Für die Versorgung des Weltmarktes mit Fisch spielen Entwicklungsländer eine immer größere Rolle. Rund 61 Prozent des weltweiten Fischexports stammen aus Ländern des globalen Südens. Gleichzeitig ist in diesen Ländern die Abhängigkeit von Meeresfisch als Nahrungsmittel und Proteinquelle viel höher als beispielsweise in Europa.

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Fischer verladen einen Gelbflossen-Thunfisch. Foto: Jan Vilata

Ein Plus von 37 Millionen Tonnen Fisch durch besseres Management
Den Prognosen der Wissenschaftler folgend, kann der wachsende globale Bedarf nach Fisch nur dann annähernd gedeckt werden, wenn das weltweite Fischerei-Management deutlich verbessert, die Auswirkungen auf die Meeresumwelt verringert  und der Schutz der Biodiversität und der marinen Lebensräume sichergestellt werden. Die weltweite jährliche Gesamt-Fangmenge  ließe sich unter diesen Bedingungen auf 137 Millionen Tonnen steigern. Seit Jahrzehnten stagniert  sie bei rund 100 Millionen Tonnen. „Voraussetzung für höhere Fänge  ist eine ganzheitliche Betrachtung des Ökosystems Meer sowie ein effektives Fischereimanagement, das gesunde Fischbestände zum Ziel erklärt, und seine Regeln mit Nachdruck durchsetzt“, so Karoline Schacht vom WWF. Dagegen würden die zukünftigen Weltfischereierträge drastisch sinken, wenn das derzeitige Fischereimanagement sich nur geringfügig verschlechtert. Angesichts der Herausforderung künftig mehr Menschen versorgen zu müssen, ist ein Verharren im Status Quo des Fischereimanagements laut WWF keine Option.

Fisch als Delikatesse betrachten
„Mit der Weltbevölkerung wächst auch ihr Fischbedarf. Weniger Fisch wäre vor allem für jene 800 Millionen Menschen eine Katastrophe, für die Fisch die wichtigste Proteinquelle oder ihr wirtschaftliches Standbein ist“, warnt Schacht. Da sich die Staatengemeinschaft bis 2030 zum Ziel gesetzt hat, den Hunger in der Welt zu beenden, fordert der WWF die internationale Politik dazu auf, in ihren Aktionsplänen für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele die Fischfrage stärker zu betonen und langfristig eine faire und gerechte Verteilung des Fisches sicherzustellen.

 Auch der Zustand der Fischbestände in Europas Gewässern müsse drastisch verbessert werden, um die Importabhängigkeit des europäischen Marktes zu verringern. Europa importiert knapp ein Fünftel des weltweit gehandelten Fisches. An die Verbraucher in Deutschland und Europa appellieren die Umweltschützer daher, Fisch als Delikatesse und nicht als alltägliches Konsumgut zu betrachten.