Abwechslungsreiche Landschaften, ein weit verzweigtes Radwegenetz und jede Menge unberührte Natur machen Mecklenburg-Vorpommern zum perfekten Radwanderland.

Eine der landschaftlich reizvollsten Radfernrouten Deutschlands ist der rund 670 Kilometer lange Ostseeküsten-Radweg. Laut der aktuellen ADFC-Radreiseanalyse rangiert dieser ganz oben auf der Wunschliste aller deutschen Fernradler. Er führt in Mecklenburg-Vorpommern durch stolze und prachtvolle Hansestädte, durch traditionsreiche Seebäder mit einzigartigem Flair und streift auf seinem Weg zur polnischen Grenze die drei Inseln Poel, Rügen und Usedom sowie die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Unterwegs bieten sich Naturschauspiele, die jegliche Ermüdung schnell vergessen lassen. Bereits kurz nach dem Start im Klützer Winkel und dem Passieren der Welterbe-Stadt Wismar werden Radler auf der vorgelagerten Insel Poel schon von weitem von dem aufgeregten Gegacker unzähliger rastender Wasservögel begrüßt. Wer sich für die einzigartige Naturlandschaft der Salzhaffregion interessiert, sollte einige Kilometer weiter, im Ostseebad Rerik, unbedingt einen Ausflug mit der „MS Salzhaff“ einplanen. Immer mit Blick auf die artenreiche Flora und Fauna des schilfummantelten Ufers gleitet das Schiff bis zur Halbinsel Wustrow, die seit 2004 für Besucher gesperrt ist. Unterwegs erläutert ein Meeresbiologe den Vogelschutz im Naturschutzgebiet und spannende Details aus der maritimen Tier- und Pflanzenwelt.

Die MS Salzhaff. Foto: Fahrgastschifffahrt Steußloff

Die MS Salzhaff. Foto: Fahrgastschifffahrt Steußloff

Von Kühlungsborn nach Zingst
Gespenstische Wälder und faszinierende Steilufer präsentieren sich Urlaubsgästen zwischen Kühlungsborn und Heiligendamm. Mehr als 170 Jahre haben die Bäume des Nienhäger Gehölzes teilweise schon auf ihren verzweigten Ästen. Vom stetigen Seewind und die feucht-salzige Luft haben sie ein besonders mystisches Aussehen verliehen bekommen, das vor der abrupt abfallenden Küste so richtig zur Geltung kommt. Man nennt den Wald daher auch den Gespensterwald. Immer weißer, immer feiner und immer breiter wird der Sandstrand, den Radler im weiteren Verlauf Richtung Rostock-Warnemünde linker Hand liegen lassen. Am anderen Ufer der Warnow beginnt die Rostocker Heide, ein riesiges Waldgebiet, das die Ostseebäder Markgrafenheide und Graal-Müritz einrahmt und sich fast bis zur Halbinsel Fischland-Darß-Zingst zieht. Mit bunten Kapitänshäusern, alten Zeesbooten am Saaler Bodden und der sumpfartigen Naturlandschaft zwischen Zingst und Pramort werden nicht nur naturbegeisterten Radlern unzählige Verschnaufpausen abgerungen. Hier begleiten besonders im Frühjahr und Herbst auch riesige Kranichschwärme die Aktiven auf ihrer Radreise.

Im Nienhagener Forst geht es gespenstisch zu. Foto: Kurverwaltung Nienhagen

Im Nienhagener Gehölz geht es gespenstisch zu. Foto: Kurverwaltung Nienhagen

Wasserbüffel bei Sassnitz
Rügen ist ein von der Natur geschaffenes Meisterwerk. Einmal rund um die Insel führt der Ostseeküsten-Radweg – vorbei am sagenumwobenen Königsstuhl mit seinen Kreidefelsen, den Feuersteinfeldern südlich von Sassnitz sowie den eleganten Bädervillen in Binz, Sellin und Göhren. Rund um die traditionsreichen Bäderorte hat sich über Jahrtausende eine Vielfalt verschiedener Ökosysteme entwickelt. Naturnahe Dünen, Feuchtheiden und Heidemoore mit seltenen Orchideen, Erlenbrüche mit imposanten Schwertlilien und Röhrichte im Ufersaum des Boddens bieten einen Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Wer die Naturoasen im südöstlichen Rügen entdeckt, der sollte unbedingt Augen und Ohren offen halten: Seit 2012 werden etwas südlich von Sassnitz Wasserbüffel zur naturnahen Beweidung eingesetzt, um der durch die frühere militärische Nutzung geschädigten Landschaft wieder ihren ursprünglichen Charakter zu geben. Die gewaltigen Tiere leben auf großzügig gekoppelten, halboffenen Weideflächen, die auch im Rahmen einer Büffelsafari erkundet werden können.

Wasserbüffel auf Rügen. Foto: Ulf Heinsohn via Wikimedia Commons

Wasserbüffel auf Rügen. Foto: Ulf Heinsohn via Wikimedia Commons

Usedom: nahezu undendlich Ruhe
Von der Hansestadt Greifswald ist es nicht mehr weit bis zum Peenestrom und zur Insel Usedom – dem vorläufigen Ziel des hiesigen Ostseeküsten-Radweges. An breiten Stränden reihen sich die Ostseebäder mit ihren langen Promenaden und der sehr gut erhaltenen Bäderarchitektur aneinander. Zeigt sich die Ostsee auf der einen Seite der Insel noch von seiner stürmischen Seite, legt sich nur wenige hundert Meter entfernt davon eine nahezu unendliche Ruhe über die Wogen des Achterwassers. Hier lohnt es sich, den ein oder anderen Abstecher in das naturstolze Hinterland Usedoms zu unternehmen, das zum Beispiel auf der Halbinsel Gnitz mit seltenen Fischottern, scheuen Uferschwalben und weiten Wacholder-Kieferwäldern ein ganz besonderes Biotop zu bieten hat.