Auf Nord- und Ostsee sind die Seenotretter allein in den ersten zehn Monaten des Jahres 2016 bereits mehr als 1.800 Mal im Einsatz gewesen. Die Besatzungen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) haben dabei knapp 600 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahr befreit. Weitere mehr als 1.100 Menschen befreiten sie in einem dreimonatigen Ausbildungs- und Unterstützungseinsatz für ihre griechischen Kollegen vor Lesbos aus Gefahr.

Mit einem umfangreichen Neubau- und Umstationierungskonzept bereiten sich die Seenotretter auf die Herausforderungen der nächsten Jahre vor. Durchschnittlich 30 Jahre sind die Rettungseinheiten der DGzRS im harten Einsatz auf Nord- und Ostsee. Rein rechnerisch ergibt sich daraus der Bedarf, jährlich durchschnittlich zwei neue in Dienst zu stellen. Vor mehr als 25 Jahren jedoch standen die Seenotretter vor einer historischen Aufgabe: Nach der Wiedervereinigung galt es, die veraltete Technik in Mecklenburg-Vorpommern schnell zu modernisieren. Dies gelang innerhalb von nur vier Jahren, nicht zuletzt dank großartiger Unterstützung der treuen Förderer der Seenotretter. Zwischen 1990 und 1994 hat die DGzRS 24 Neubauten in Dienst gestellt. Spätestens Anfang des kommenden Jahrzehnts müssen sie ersetzt werden. „Zweckgebundene Erbschaften versetzen uns in die Lage, für einige dieser Boote schon jetzt moderne Nachfolger zu bauen. Viele werden die Namen ihrer Spender tragen“, erläutert DGzRS-Geschäftsführer Nicolaus Stadeler.

Die Taufe des ersten der beiden 28-Meter-Schiffe auf den Namen BERLIN ist für 17. Dezember 2016 am Anleger der DGzRS-Zentrale in Bremen vorgesehen. Damit würdigen die Seenotretter die Verbundenheit der Region mit ihrer Arbeit. Bewusst haben sie eine Ausnahme von der traditionellen Regel gemacht, den Namen einer neuen Rettungseinheit nicht vor der Taufe bekanntzugeben. Die nächste 20-Meter-Einheit löst auf Wunsch des Spenders Ende 2017 auf der Greifswalder Oie die EUGEN ab, die dann nach Norderney verlegt wird. Die bisher dort stationierte BERNHARD GRUBEN soll in Hooksiel die dann 28 Jahre alte VORMANN STEFFENS ablösen.

Die Stationierung des zweiten 20-Meter-Kreuzern ist für 2018 in dem im Ausbau befindlichen Hafen Olpenitz an der Schleimündung vorgesehen. Er soll die seit 1990 im nahen Maasholm liegende NIS RANDERS ersetzen. Die DGzRS teilt ihre dortige Doppelstation. Das ebenfalls in Maasholm liegende Seenotrettungsboot, das hauptsächlich Einsätze im Nahbereich und schleiaufwärts fährt, liegt auch künftig im dortigen Fischereihafen. Der Seenotrettungskreuzer hingegen verliert im viel befahrenen Revierteil zwischen Maasholm und Schleimünde bisher wertvolle Zeit, da er nur mit stark reduzierter Geschwindigkeit auslaufen kann. Der Liegeplatz in Olpenitz ist deshalb rettungsdienstlich von Vorteil.

Außergewöhnlicher Einsatz in der Ägäis
Drei Monate lang, von Anfang März bis Anfang Juni 2016, waren deutsche Seenotretter mit einem Seenotrettungskreuzer in der Ägäis im Einsatz, um ihre griechischen Kollegen des Hellenic Rescue Teams (HRT) auszubilden und zu unterstützen. Dabei wurden vor Lesbos 1.138 Menschen aus Gefahr befreit. Darunter waren 202 oft kleinste Kinder.
Mehrere nordeuropäische Seenotrettungsgesellschaften hatten gemeinsam auf eine konkrete Bitte der für den griechischen Such- und Rettungsdienst zuständigen Hellenic Coast Guard (HCG) reagiert. Bei der Rettung täglich Hunderter größtenteils syrischer Flüchtlinge, unterwegs mit seeuntüchtigen Schlauchbooten von der türkischen Westküste auf die vorgelagerten griechischen Inseln, waren HCG und HRT mit ihren Ressourcen am Ende.

Unter dem Dach der International Maritime Rescue Federation (IMRF) und dem Motto „Members assisting Members“ leisteten die deutschen Seenotretter Hilfe zur Selbsthilfe, um die Rettungskräfte in der Ägäis nachhaltig zu stärken. Neben 53 Seenotrettern der DGzRS waren – auf Bitten der DGzRS – auch 23 Rettungsschwimmer der DLRG an der Mission beteiligt. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR verlieh HRT im September 2016 den Nansen Refugee Award. Der Einsatz der griechischen Seenotretter und ihrer internationalen Partner zeuge von bemerkenswerter Solidarität und Menschlichkeit, hieß es zur Begründung. Diesen außergewöhnlichen Auslandseinsatz eingeschlossen, hat die DGzRS seit ihrer Gründung am 29. Mai 1865 bis Mitte Oktober 2016 insgesamt 83.943 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahrensituationen auf See befreit.

Seenotretter hoffen zum Jahresende auf Spendenbereitschaft der Bevölkerung
Hinsichtlich des Sammlungserlöses hofft die DGzRS zum Jahresende auf die Spendenbereitschaft der Bevölkerung. In diesen Wochen wenden sich die Seenotretter wieder verstärkt an die Öffentlichkeit, um über ihre Arbeit zu informieren, die Menschen im ganzen Land um Unterstützung zu bitten und weitere Förderer zu gewinnen. Sie sind auf die Unterstützung der breiten Bevölkerung angewiesen.

Foto: DGzRS