Jedes Jahr muss mehr Schlick aus der  Unterelbe gebaggert werden. 27 Millionen Kubikmeter waren es vergangenes Jahr. Der Anstieg der Baggermengen steht im eklatanten Widerspruch zu den amtlichen Prognosen, kritisieren die Umweltverbände BUND, NABU und WWF sowie der Förderkreis „Rettet die Elbe“. Sie fordern von den zuständigen Behörden eine Erklärung für die offensichtlichen Fehlprognosen sowie Konsequenzen für das künftige Sedimentmanagement.

Die Mündung der Elbe in die Nordsee ist Deutschlands längstes und größtes Ästuar. So nennt man den breiten Wasserkörper an der Mündung eines Flusses zu Meer. Neben vielen Industrie- und Hafenanlagen wird der Elbunterlauf immer noch durch vereinzelte Vorländer, Flussinseln und wertvolle Überreste ursprünglicher Tideauwälder geprägt. Schon allein aufgrund der Flächengröße hat die Elbe deshalb einen hohen Wert, wenn es um den Schutz des Lebensraums Ästuar geht. Damit moderne Containerschiffe jederzeit voll beladen den Hamburger Hafen ansteuern können, wird auf Unter- und Außenelbe permanent gebaggert.

„Die Untersuchungen und Prognosen der Bundesanstalt für Wasserbau haben sich als falsch herausgestellt. Wir brauchen deshalb eine grundlegend andere Politik an der Tideelbe, die den dramatischen Konsequenzen bisheriger Eingriffe in die Elbe entgegen wirkt. Die geplante weitere Vertiefung würde die Probleme mit Sicherheit vergrößern“, kritisieren die Verbände.

Die Umweltschützer sehen einen deutlichen Zusammenhang schon zwischen der letzten Elbvertiefung im Jahr 1999 und dem Anstieg der Baggermengen. So wurden in den Jahren 2015 und 2016 allein im Hamburger Hafen pro Jahr mehr als 11 Mio. Kubikmeter gebaggert, vor der letzten Elbvertiefung waren es durchschnittlich zwei Mio. Kubikmeter pro Jahr. Der 2016 aus der gesamten Unterelbe gebaggerte Elbschlick würde 400.000 große Standardcontainer füllen.

Dabei glaubten die Fachbehörden längst ein Mittel gegen die Verschlickung der Unterelbe gefunden zu haben.  Bereits im Jahr 2006 erarbeiteten die Hamburger Hafengesellschaft HPA und die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt GWDS das „Tideelbekonzept“, mit der Zielrichtung die Baggergutmengen zu reduzieren. Die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) hatten noch im Jahr 2014 , eine mittelfristige Reduzierung der Baggermengen in Aussicht gestellt, wenn dauerhaft 1 Mio. m³ Sediment pro Jahr aus der Flussmündung in die Nordsee verbracht würden. Laut Umlagerungsberichten der HPA sind im Zeitraum 2005–2016 insgesamt 11,8 Mio. Kubikmeter aus Hamburg bei Tonne E 3 zwischen Scharhörn und Helgoland verklappt worden, die Baggermengen in der Elbe steigen jedoch insbesondere im Hamburger Hafengebiet nach wie vor an. Dabei belastet die Baggertätigkeit nicht nur die Ökologie der Elbe enorm sondern auch den Steuerzahler finanziell:  Knapp 130 Millionen Euro jährlich kosten die laufenden Unterhaltungsbaggerungen inzwischen, Tendenz steigend. Davon entfielen in 2016 auf den Hamburger Hafen 99 Mio. Euro.

An die Bundesanstalt für Gewässerkunde und die Bundesanstalt für Wasserbau richten die Umweltverbände die Forderung, ihr Systemverständnis für die Tideelbe kritisch zu überprüfen und neue Untersuchungen anzustellen. Dazu gehöre auch die wiederholt geforderte Langzeit-Modellierung zu Strombaumaßnahmen, die im Zuge einer neuen Elbvertiefung geplant sind.

hre Forderungen haben die Verbände in einem Brief an den Hamburger Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation sowie die für das Sedimentmanagement in der Elbe zuständigen Behörden und Institutionen.