Mythen der Seefahrt

Von Wolf E.Schneider

Was haben Angeklagte, Fußballer und Seeleute gemeinsam?  Den Aberglauben.  Nicht umsonst heißt es immer wieder: Vor Gericht und auf See bist Du in Gottes Hand! Und, dass Fußballer und Seeleute die abergläubischsten Menschen seien.

Seit 10.000 Jahren fahren Menschen über das Wasser, bewegen sich auf hölzernen und metallenen Fahrzeugen von Land zu Land, von Insel zu Insel, von Küste zu Küste.  Tief verwurzelte Urängste und Aberglaube begleiten sie. Dieser Aberglaube kommt aus der Bedeutung des Wassers für alles Leben auf der Erde und der Überzeugung, dass Wasser nur überquert werden kann, wenn man sich Gefahren aussetzt.  Daraus entstanden im Laufe der Jahrtausende Mythen, die sich in vielfältigem kulturellen Schaffen und – je nach Kulturkreis – in religiösem Handeln niederschlugen.  Geschichten, Sagen, Sinnbilder, Sprüche und Kunstwerke entstanden rund um diese Mythen um Schiffe und Meer. In vielen britischen Seemannshaushalten kannte man die gläserne Kugel, die Engländer nannten sie „witchball“, die oft an den Haustüren hing. Dieser Talisman half gegen alles Böse. Hexen, die an die Türe klopfen wollten, sahen ihr Spiegelbild im Glas und verschwanden, ohne Unheil anzurichten. Zerbrach die Glaskugel allerdings, stand ein großes Unglück bevor.

 

MythenBrandunus

 

Die lebende Insel

Der irische Mönch Brandan, später genannt der heilige Brandanus, erzählte im 6. Jahrhundert n.Chr. Geschichten über seine legendären Seereisen. Dabei vermischten sich die damaligen Vorstellungen der Welt und der Meere mit altirischen Sagen. Der Walfisch war für Brandan vermutlich der Ausgangspunkt für seine Geschichte von einer lebenden Insel.

Quelle: Die Insel des heiligen Brandanus.  Hinstorff, Rostock

 

 

 

 

MythenNovum

 

 

 

Neues entdecken

Die Abbildung des Titelblatts eines utopischen Romans, von Francis Bacon 1620 in London veröffentlicht, symbolisiert den Prozess der Wissenschaften, Unbekanntes zu entdecken. Jenseits der Säulen des Herkules, nach der griechischen Mythologie das Ende der Welt bei Gibraltar, macht sich das Schiff auf zu neuen Ufer

Foto Quelle: Novus Organum, Francis Bacon, London.  Staatsbibliothek Berlin, Preußischer Kulturbesitz

 

 

 

 

 

 

MythenZielstreb

 

Zielstrebigkeit

Ein Schiff gegen den Wind zu rudern erfordert ein großes Maß an Einsatz und seemännischer Erfahrung. Daher steht dieses als Symbol für die Zielstrebigkeit.

 

Foto Quelle: Guillaume de La Perrière, Toulouse, 16. Jahrhundert.
Bayerische Staatsbibliothek,  München.

 

 

 

MythenMaßhalten

Maßhalten im Glück

Ein Schiff, dessen Segel bei zu heftigem Rückenwind gerefft werden, ist ein Sinnbild für das Maßhalten im Glück. Der Mensch muss auf die Unbeständigkeit im Leben vorbereitet sein.

Foto Quelle: Österreichische Nationalbibliothek, Wien

 

 

 

MythenNarren

 

Müheloser Genuss

Mit Narren beladen ist das Schiff unterwegs nach „Narragonien“, dem Land des mühelosen Genusses. Das Schiff steht für in Narrheit und Überfluss lebende Menschen, die sich auf ihren Untergang zu bewegen.

Foto Quelle:  Sebastian Brant, Basel, 1404. Staatsbibliothek Berlin,  Preußischer Kulturbesitz, Abteilung Historische Drucke.

 

 

MythenHandel

 

 

 

Der Handel

Das Schiff ist seit jeher ein Symbol für Reisen und Handel. Merkur, der Gott des Handels, winkt den auslaufenden Schiffen zu: „So wird in nah und ferne Land. Zu Wasser auch die Waar versant.“

 

Foto Quelle: Cesare Ripa, 17. Jahrh.,
Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München

 

 

 

 

 

 

MythenUnterwasser

 

 

 

Unter Wasser

Es wird überliefert,  dass Alexander der Große im 4. Jahrhundert v.Chr. als erster Mensch getaucht sei. Dabei habe er ein Ungeheuer gesehen, das so groß war, dass es drei Tage zum Vorbeischwimmen benötigte.

 

Foto Quelle:
Alexander der Große unter Wasser, 13. Jahrh. Flämische Handschrift.
Hinstorff, Rostock.

 

 

 

 

MythenGleichmut

 

 

Gleichmut

Das Meer im Unwetter steht als Sinnbild für den Gleichmut der Menschen, die keinen Zufall im Leben fürchten.

 

Foto Quelle: Meer im Unwetter, 16. Jahrh., Guillaume de La Perrière, Toulouse. Nieders. Landesbibliothek, Hannover.

 

 

 

 

 

 

 

MythenSeeungeheur

 

 

 

 

 

 

Seeungeheuer

Seeleute sind abergläubisch, aber auch dankbar. So spendeten sie als Dank für eine Rettung Votivgemälde und Votivschiffe. In vielen Kirchen auf Inseln und an der Küste hängen solche Gemälde an den Wänden oder Schiffe an der Kirchendecke. Sie sind der Dank für die Rettung aus Seenot oder eine Fürbitte bei Gott vor einer gefährlichen Seereise. Dieses Gemälde stiftete eine Schiffsbesatzung der St. Thomas Kapelle in Saint Malo als Dank für die Rettung vor einem riesigen Tintenfisch.

 

Foto Quelle:  Krake greift Schiff an, 1805,
St. Thomas Kapelle St.Malo, Bretagne.  Hinstorff, Rostock.

 

 

 

 

 

 

MythenLebensweg

 

 

 

 

Die Lebensfahrt

Die Darstellung dient als Bild für den richtigen Lebensweg, den der Mensch trotz Wind, Blitz und Wellen nicht zu fürchten brauche.

 

Foto Quelle:  Esther Kello oder Montenay. British Library, London.

 

 

 

 

MythenTotenschiff

 

 

 

 

Die letzte Reise

So glaubte man auch in vielen Kulturen, dass die tote Seele mit Hilfe eines Schiffes ins Jenseits gefahren wurde.

 

Foto Quelle:  Das Totenschiff, Archives Municipales de Lisbonne

 

 

 

 

 

 

 

MythenHoffnungIMG_1232

 

 

Hoffnung und Neuanfang

Noah wurde laut einer biblischen Erzählung von Gott vor einer Sintflut gewarnt, die alles Leben auf der Erde vernichten werde. Noah wurde auserwählt zu überleben und sollte eine Arche für seine achtköpfige Familie und alle Tierarten bauen.  Die Arche als rettendes Schiff steht als Symbol für Hoffnung und Neuanfang, für Vertrauen und Sicherheit.

Foto Quelle: „Cronecken der Sassen“ 1492 von Cord Bote, Gebr.Mann)