Viele Wasserstraßen in der Region Berlin-Brandenburg sind in keinem guten Zustand. Brücken, Schleusen und Uferwände müssen instandgesetzt und unterhalten werden. An den dringend notwendigen Investitionen mangelt es seit dem Erlass des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum Investitionsstopp an Wasserstraßen mit wenig Güterverkehr. Von der jüngst beschlossenen Erhöhung der Bundesmittel für Binnenwasserstraßen muss auch die Region Berlin-Brandenburg profitieren, um weiteres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen.

Das sind Forderungen der Berliner und Brandenburger Wirtschaft, die in einer Resolution der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Die Industrie- und Handelskammern in Berlin-Brandenburg untermauern damit ihre Haltung zu einem geplanten Wassertourismuskonzept des Bundes, in dem die Aspekte des Wassertourismus angemessene Beachtung finden müssen, und haben eigens dazu mit weiteren Partnern eine bisher bundesweite Studie initiiert. Demnach erwirtschaften allein in Berlin und Brandenburg – mit einem Wassersportrevier, das vom Lausitzer Seenland über die Havel bis ins Stettiner Haff und die Oder hinauf weit nach Polen reicht – insgesamt 2.124 direkt Beschäftigte einen Bruttojahresumsatz von rund 200 Millionen Euro durch den Wassertourismus. Dazu gehören unter anderem mehr als 300 kommerzielle Bootshäfen und Vereine, 65 Reedereien sowie 128 Kanuverleiher. Die Branche entwickelt sich stetig weiter: Charterbootsurlauber, Mietkanuten und rund drei Millionen Passagiere auf den Fahrgastschiffen nutzen jedes Jahr die Möglichkeiten des Wassertourismus in der Region. Für die „Studie wirtschaftliche Effekte im Wassertourismus Berlin-Brandenburg“ wurden 581 Unternehmen aus den Segmenten Kanuverleih, Vercharterung, Fahrgastschifffahrt und Häfen befragt.

In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und Politik wird der Wassertourismus aufgrund des Fehlens belastbarer Daten bislang häufig als Wirtschaftsfaktor unterschätzt oder sogar nur als Freizeitbetätigung wahrgenommen. Dabei ist der Wassertourismus in Berlin-Brandenburg weiterhin auf Wachstumskurs – wenn auch etwas moderater als in der Vergangenheit. 60 % der Charterbetriebe und sogar 70 % der Kanuvermieter erwarten in den nächsten fünf Jahren eine weitere Nachfragesteigerung für Ihren Betrieb. Eine ähnliche Einschätzung kommt auch von den Hafen- und Fahrgastschifffahrtsbetreibern. Fast alle Unternehmen sind stark in der Region verankert und haben nicht nur ihren Firmensitz hier, sondern tätigen auch Investitionen von denen die Wirtschaft in Berlin-Brandenburg profitiert.

Dr. Dr. Mario Tobias von der Industrie- und Handelskammer in Potsdam richtet sich an die Politik: „Wir appellieren an den Deutschen Bundestag, im Zuge der Verabschiedung des Wassertourismuskonzeptes, der derzeit vorgenommenen Kategorisierung der Bundeswasserstraßen eine klare Absage zu erteilen, in der bisher nur der Güterschifffahrtsverkehr berücksichtigt wird. Sie ist unausgewogen, volkswirtschaftlich kontraproduktiv und hemmt gerade Ostdeutschland in seiner Entwicklung deutlich. Gerade Flüsse, Kanäle und Seen in strukturschwachen Regionen bergen erhebliches Entwicklungspotenzial.“

Foto: Lotse via Wikimedia Commons