Seit dem 24.10. ist Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) auch amtierender Bundesverkehrsminister. Für die traditionelle Schifffahrt hat der gebürtige Franke augenscheinlich wenig übrig. Kaum ein paar Wochen im Amt, beabsichtigt Schmidt, den umstrittenen Entwurf der Schiffssicherheitsverordnung für Traditionsschiffe, der zum 01.01.2018 in Kraft treten soll, noch diese Woche zu unterschreiben.

Laut dem Dachverband der deutschen Traditionsschiffe GSHW enthält der Gesetzesvorstoß Forderungen an die Traditionsschiffe, die schlicht nicht umgesetzt werden können. Die GSHW fordert daher einen Umsetzungsstopp. Der vom BMVI herausgegebene Entwurf sieht Änderungen und Vorschriften vor, die zur Folge haben, dass der Betrieb hinsichtlich der Anforderungen an die ehrenamtliche Besatzung nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich sein wird. Darüber hinaus müssten die Schiffe in ihrem Aussehen bzw. baulichen Zustand so nachhaltig verändert werden, dass sie ihren ursprünglichen Charakter verlieren könnten. Nicht zuletzt würde der finanzielle Aufwand zur Umsetzung der Forderungen die monetären Möglichkeiten der Betreiber übersteigen. Kurzum: Die Traditionsschifffahrt in Deutschland stünde vor dem Ende.

Wird der Entwurf unverändert umgesetzt, könnten deutsche Traditionsschiffe kaum mehr eingesetzt werden, befürchtet die GSHW. Die lebendige Präsentation traditioneller Seefahrt und maritimer Kultur wäre dann nicht mehr möglich. An den Paraden auf den maritimen Veranstaltungen wie Kieler Woche, Hansesail, Dampfrundum, Travemünder Woche, Sail Bremerhaven oder dem  Hamburger Hafengeburtstag  würden deutlich weniger deutsche Schiffe teilnehmen können.

Darüber hinaus könnten Jugendreisen, die soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Selbstbewusstsein der Jugendlichen fördern, kaum mehr angeboten werden. Die Schiffe dafür würden einfach fehlen. „Das Maritime Erbe unseres Landes wird nur noch in Museen besichtigt werden können, nicht jedoch in der Praxis erlebt. Seit mehr als 40 Jahren haben sich überwiegend ehrenamtlich tätige Freunde alter Schiffe darum bemüht, diese durch aufwendige Restaurierung und Pflege für die Gemeinschaft zu erhalten. Neben dem Gedanken des maritimen Erbes sind es vor allem Jugendliche, die auf diesen Schiffen Erfahrungen sammeln können, zum Beispiel bei Klassenfahrten oder europäischen Treffen von Traditionsschiffen“, so die GSHW in einer Pressemitteilung zum Gesetzesvorstoß.

Kurios: Für den kommenden Montag war ursprünglich ein Gespräch zwischen Verkehrsministerium und GSHW vereinbart. Mit der vorherigen Unterzeichnung der Schiffssicherheitsverordnung würde dieser Termin nun inhaltslos. Im Vorfeld dieses Treffens hatte die GSHW Anfang November sogar eigens zu zwei Regionalkonferenzen nach Hamburg und Rostock eingeladen. Rund 100 Traditionsschiffer bekräftigten dort ihre Bedenken zur geplanten neuen Verordnung. Auch die Verkehrsminister der Länder hatten an den Bund appelliert, die Gesetzesvorlage zu überarbeiten.

Nikolaus Kern, stellvertretender Vorsitzender der GSHW: „ Wir erwarten vom BMVI, dass die Verordnung nicht in Kraft gesetzt wird, bevor sie nicht in Gesprächen mit den Verbänden so überarbeitet worden ist, dass der Erhalt der deutschen Traditionsschiffe gesichert ist. Wir möchten auch in mittelfristiger Zukunft fahrende Traditionsschiffe unter deutscher Flagge an unseren Küsten erleben.“