Quelle: die reporter  www.die-reporter.info

Es gibt eine Reihe von Düften, die riecht man eigentlich nur im Sommer: zum Beispiel der Geruch von frisch gemähtem Gras, von Sonnenmilch oder der besondere Duft nach einem warmen Regenschauer. Aber wieso glauben wir überhaupt, Regen riechen zu können?

Regentropfen an sich sind geruchlos. Denn Regenwasser ist ein sehr sauberes Wasser. Dennoch bilden wir uns den Regenduft nicht bloß ein. Im Gegenteil! Es gibt ihn wirklich. In Indien wird er sogar eingefangen und als Parfum verkauft. Australische Wissenschaftler gaben dem Geruch in den 1960er-Jahren einen Namen. Sie nannten ihn „Petrichor“. Diese schwierige Bezeichnung setzt sich gleich aus zwei griechischen Wörtern zusammen: nämlich aus „Petros“, das so viel bedeutet wie „Stein“, und „Ichor“. So nannten die alten Griechen die Flüssigkeit, die durch die Adern der Götter fließt.

Petrichor entsteht allerdings nur unter ganz bestimmten Bedingungen. Damit uns der Regenduft in die Nase steigt, muss es vorher lange warm und trocken gewesen sein. Das erklärt, wieso er meistens nur während der heißen Sommermonate zu riechen ist. Für den typischen Petrichor-Duft braucht es außerdem drei Zutaten. Wichtigste Grundlage des Sommerregen-Geruchs ist ein Konzentrat aus Pflanzenausdünstungen: Wie wir Menschen geben auch Pflanzen ständig chemische Stoffe ab – etwa Salze, Lockstoffe, Talg und andere ölhaltige Substanzen. Wenn es länger nicht regnet, bilden sie einen dünnen Film auf Blättern und Halmen.

Die zweite wichtige Zutat, die notwendig ist, nennt sich Geosmin. Dabei handelt es sich um einen Duftstoff, der von verschiedenen Bodenbakterien abgegeben wird – unter anderem von den sogenannten Streptozyten. Bei Trockenheit ruhen die winzigen Mikroorganismen. Aber sobald sich die Luft vor einem Regenschauer mit Feuchtigkeit füllt, wachen sie auf und verbreiten einen modrig-erdigen Geruch.

Alles, was darüber hinaus das Petrichor-Aroma benötigt, ist ein bisschen Steinstaub und – bei Gewittern – ein Hauch Ozon.

Diese Zusammensetzung war der Wissenschaft schon länger bekannt. Wie der Regenduft aber in die Luft gelangt, das konnte man erst vor wenigen Monaten nachweisen. Zumindest scheinen amerikanische Studenten eine Erklärung gefunden zu haben.Mit einer Highspeedkamera filmten sie Regentropfen. Und beobachteten dabei, was passiert, wenn die Tropfen auf eine trockene Oberfläche fallen. Das Video zeigt, was das menschliche Auge nicht wahrnehmen kann. Demnach schließen die Regentropfen, sobald sie auf den Boden prallen, winzige Luftbläschen ein. Diese perlen wie in einem Glas Sekt nach oben und reißen die Petrichor-Duftstoffe mit sich.

Dabei hängt die Intensität des Regendufts zum einen davon ab, wie trocken der Boden ist. Zum anderen ist die Stärke des Niederschlags entscheidend. So zeigten die Untersuchungen, dass bei einem leichten Schauer mehr Aroma-Teilchen freigesetzt werden. Bei starkem Regen ist stattdessen die Aufprallgeschwindigkeit zu hoch, sodass zur Bläschenbildung nicht genug Zeit bleibt.

Mit ihren Video-Aufnahmen konnten die Amerikaner übrigens nicht nur das letzte Geheimnis des Regendufts lösen. Ihre Erkenntnisse könnten auch eine wichtige Grundlage für andere Forschungszweige sein. Denn sie erklären beispielsweise, wie sich Krankheitserreger mit Hilfe von Regen verbreiten können.