Quelle:  Axel Schröder, Deutschlandfunk, 08.November 2019

Auf dem Seeweg werden rund 90 Prozent des weltweiten Warenverkehrs abgewickelt. Immer wieder steht die Schifffahrt in der Kritik, weil die Motoren der Frachter mit Schweröl betrieben werden – einem billigen, aber hochgiftigen Abfallprodukt aus Raffinerien, das viel CO2 produziert. Was sind Alternativen?

Schon die Frachtschiffe von heute sind sauberer als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Es gibt so genannte Scrubber, die den Schwefel aus den Schiffsabgasen filtern oder Rußpartikelfilter und die Reedereien feiern sich dafür, mittlerweile auch die ersten Schiffe mit LNG-, also Flüssiggasantrieb in ihrer Flotte zu haben. LNG verbrennt zwar wesentlich sauberer als Schweröl. Aber die Anzahl dieser modernen Schiffe ist im Vergleich zur Gesamtflotte verschwindend klein. Dazu kommt, das bei der Nutzung von Flüssiggas Methan freigesetzt wird, sagt Malte Siegert vom Naturschutzbund Deutschland: „Methan ist 30 Mal radikaler als CO2. Das, was ich auf der Luftschadstoffseite, dass gebe ich bei der Klimaseite wieder dran.“

Wasserstoffantrieb die Zukunft?

Und deshalb entwickeln Forscherinnen und Forscher Schiffantriebe, die im besten Fall CO2-neutral funktionieren. Ein Beispiel dafür, dass auf der Tagung an der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität präsentiert wurde, ist ein mit Brennstoffzellen betriebenes Binnenschiff der Technischen Uni Berlin. Ein Tankstellennetz für den Wasserstoff, aus dem die Brennstoffzelle dann Strom generiert, braucht es nicht, erklärt Sebastian Apenbrink: „Tanken wollen wir nicht. Wir haben Bündel, die jeweils 125 Kilogramm Wasserstoff gasförmig bei 500 bar tragen und die ausgetauscht werden können. Also eher ein Pfandflaschensystem.“ Die Wasserstoffpakete reichen für eine Strecke von über 300 Kilometern und können in den Häfen ausgetauscht werden, erklärt der Forscher. Gerade erst wurde in einer Magdeburger Werft mit dem Bau des Prototyps begonnen.

 

Experimente mit Pulver als Wasserstoff-Speicher

An viel größeren und festinstallierten Wasserstofftanks arbeitet Julian Jepsen vom Helmholtz-Zentrum in Geesthacht. „Wenn wir Wasserstoff konventionell speichern, zum Beispiel, um mit einem Pkw durch die Gegend zu fahren oder mit dem Schiff, dann tun wir das unter einem Druck oder wir verflüssigen den Wasserstoff. Nur so schaffen wir es, den Wasserstoff wirklich kompakt zu speichern. Was wir hier einsetzen, sind so genannte Metallhydride. Das kann man sich vorstellen wie ein Pulver, ein metallisches Pulver. Und dieses Pulver saugt den Wasserstoff auf wie ein Schwamm, sobald es mit Wasserstoff in Berührung kommt.“

Die Technik werde gerade in Zusammenarbeit mit einem Automobilhersteller für den Praxiseinsatz weiterentwickelt. Auf Schiffen würden die Tanks dann einfach größer ausfallen, um eine höhere Reichweite möglich zu machen.

Methanol als Alternative

Nicht nur Wasserstoff, sondern auch durch Methanol könnte die Schifffahrt in Zukunft umweltfreundlicher werden, ist Thilo Jürgens-Tatje von der TU Hamburg überzeugt. Der Treibstoff hätte gegenüber LNG klare Vorteile. „Beispielsweise braucht man für Erdgas, verflüssigtes Erdgas, LNG, große Tanks, die in der Mitte des Schiffs angebracht werden müssen, eine gewisse Form haben müssen, meistens rund mit einer dicken Isolierung drumherum. Das nimmt eine Menge Platz weg. Und bei Methanol sieht das anders aus. Da können wir einfach Flüssigtanks verwenden. Wir können Tanks verwenden, die sich an Stellen befinden, die wir sonst nicht nutzen können.“

Hergestellt wird das Methanol durch die Synthese von Wasserstoff und Kohlenmonoxid oder Kohlendioxid. Im besten Fall könnte dann das bei der Methanolverbrennung entstehende CO2 dann aufgefangen und zur Produktion neuen Methanols verwendet werden, erklärt der Wissenschaftler.

Hilfs-Segel für Frachtschiffe?

Neben neuen Schiffstreibstoffen sollen aber auch ganz konventionelle und längst bekannte Techniken den Schadstoffausstoß von Frachtern reduzieren. Dazu gehören Antriebswellen, die noch leichter laufen als die heute verbauten oder riesige Drachen, die am Bug von Schiffen installiert werden und mit der Kraft des Windes in rund 500 Meter Höhe die Maschine entlasten, so Christian Jochum von der französischen Militär-Universität in Brest: „Alles in allem können wir sagen, dass die Energieersparnisse, je nachdem, wo man segelt, zwischen fünf und 25 Prozent liegen. Fünf Prozent im Fall auf einer maritimen Routen, auf der der Wind nicht so stark ist, wo man eher in Gegenrichtung des Windes fährt.“

Den Praxistest hat diese Technik schon längst bestanden. Schon vor über zehn Jahren hatte die Reederei Beluga die Drachen auf ihren Schiffen eingesetzt und damit gezeigt, dass sich damit erhebliche Treibstoffmengen einsparen lassen. Nun gelte es, so Christian Jochum, die Technik weiter zu verbessern, damit im besten Fall ein Knopfdruck genügt, um den Drachen vollautomatisch starten und wieder landen zu lassen.

Quelle:  Axel Schröder, Deutschlandfunk, 08.November 2019