Berliner Wassersportler können aufatmen: Das Bezirksamt Spandau sieht vorerst davon ab, die Richtlinien zum Betrieb von Steganlagen an der Havel zu verschärfen. Das hatte das Amt vor einigen Monaten in einem Schreiben angedroht und damit für große Empörung bei Vereinen und Bootsbesitzern gesorgt.

Der Betrieb der Steganlagen entlang der Havel kann weitergeführt werden wie bisher. Das Bezirksamt hat sich dazu bereit erklärt, die Richtlinien erneut zu überarbeiten, nachdem es zu einem gemeinsamen Gespräch mit dem betroffenen Spandauer Yacht-Club gekommen war. Gegenüber der Berliner Morgenpost äußerte sich Jürgen Lucht, Vorsitzender des Clubs, erleichtert: „Wir haben uns auf einen Modus verständigt, in dem alle weiter arbeiten können.“

Vor einigen Wochen sah das noch ganz anders aus. Der an der Scharfen Lanke ansässige Spandauer Yacht-Club hatte sich um die Verlängerung einer Genehmigung für seine Steganlagen bemüht. Diese muss alle zehn Jahre neu erteilt werden. Doch das Spandauer Bezirksamt gab sich unbeeindruckt: Bei der derzeitigen Rechtslage sei es nicht möglich, eine Unterscheidung zwischen Hausbooten und Sportbooten vorzunehmen. Denn die Frage nach einer Infrastruktur mit Wasser, Strom und Abwasserentsorgung stelle sich sowohl für Hausboote, als auch für Kajüt-Segelboote, welche die Steganlagen des Spandauer Yacht-Clubs nutzen. Zwar sei das Wohnen und Übernachten auf den Booten nicht verboten, eine solche Auflage sei jedoch denkbar, da ein Sportbootsteg – ähnlich einem Parkplatz – dem Anlegen der Boote diene und nicht als Campingplatz auf dem Wasser genehmigt worden sei. Denn nach der damaligen Ansicht des Bezirksamts dient ein Sportbootsteg nur dem gefahrlosen Ein- und Ausstieg in ein Sportboot sowie dessen Befestigung.

Auslöser für die neue Verordnung war ein Nachbarschaftsstreit in Kladow. Der Besitzer eines denkmalgeschützten Hauses hatte vor dem Berliner Verwaltungsgericht geklagt, da ein Hausboot, welches an der Steganlage vor seinem Grundstück geparkt war, seinen Seeblick einschränkte. Das Gericht entschied zugunsten des Hauseigentümers und erklärte, dass das Anlegen von Hausbooten an Sportbootstegen grundsätzlich verboten sei. Gleichzeitig stellte es jedoch klar, dass es „keine wesentliche Unterscheidung zwischen Hausbooten und sonstigen Motorbooten“ gebe. Das Bezirksamt sei dafür zuständig, die genauen Unterschiede der Bootstypen zu definieren, wobei man sich in Spandau entschied, den Aufenthalt und das Wohnen an Bord einzuschränken.

Der Vorsitzende des Yachtclubs sowie viele andere Berliner Bootsfreunde reagierten empört. Ohne die notwendige Versorgung könnten die Wassersportler bei Wettkämpfen oder bei längeren Fahrten ohne Strom dasitzen. Auch für den Berliner Wassertourismus sei das Verbot fatal. Denn wäre das Übernachten auf dem eigenen Boot verboten, würden viele Stammgäste Berlin nicht mehr anfahren. Mit der heftigen Kritik hatte man im Bezirksamt nicht gerechnet. So gingen mehr als 500 Briefe und E-Mails bei Stadtrat Andreas Otti (AfD) ein, einige von ihnen enthielten Beschimpfungen und Beleidigungen gegen mehrere Mitarbeiter.

Das Spandauer Bezirksamt will nun einen neuen Bescheid erlassen, in dem die Interessen der Wassersportler stärker berücksichtigen werden. Nach Abschluss dieses Verfahrens würden dann auch die Anträge der Segelvereine geprüft. Bis dahin gelten die bestehenden Regeln auch für abgelaufene Genehmigungen.