Bis zum Jahr 1990 wurde die Zerweliner Heide von der Nationalen Volksarmee (NVA) als Standort für Fliegerabwehrraketen genutzt. Doch mit dem Fall der Mauer endete die militärische Nutzung und die Fläche wurde von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übernommen. Inzwischen hat sich der Wald bereits die einstigen Bereitschaftsbunker und Stellungen für die Raketen mit 43 Kilometer Reichweite zurückgeholt. Da die Armee auf dem Gelände keine Übungen oder Manöver durchgeführt hat, sind große Teile der Wälder in einem sehr naturnahen Zustand. Übrig geblieben ist eine Reihe von Bunkern, die aber nicht mehr für Raketen, sondern von seltenen Fledermausarten genutzt werden. Das 800 Hektar großes Gebiet mit uralten Wäldern, unberührten Seen und wertvollen Mooren im Norden Brandenburgs wurde unter die Obhut von Naturschützern gestellt. Am Freitag übergab der Bund die Flächen offiziell als Teil des Nationalen Naturerbes an die Umweltschützer. Ziel ist es, immer mehr Wälder in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen.

Ursprünglich ist Deutschland ein Land der Laubwälder. Doch die Verhältnisse haben sich verändert – zuungunsten der Laubwälder, die mit nur noch 40 Prozent gegenüber den 60 Prozent Nadelwäldern ins Hintertreffen geraten sind. Von wenigen Ausnahmen abgesehen teilen die meisten Wälder aber ein gemeinsames Schicksal: Sie werden überwiegend forstwirtschaftlich genutzt. Im Unterschied zu natürlichen Wäldern fehlen ihnen die Phasen von Alter und Zerfall, das sich zu stehendem und liegendem Totholz wandelt und so zu Lebensraum für viele Pilz- und Insektenarten. Gemessen an der gesamten Waldfläche Deutschlands beträgt der Flächenanteil mit natürlicher Waldentwicklung, also dem „Urwald von morgen“, derzeit lediglich 1,9 Prozent. Der WWF hat sich der Aufgabe verschrieben. diese Fläche bis 2020 mehr als zu verdoppeln. Hier in der brandenburgischen Uckermark soll einer diese „Urwälder“ entstehen. Die Zerweliner Heide in der brandenburgischen Uckermark gibt den Umweltschützern die Gelegenheit, neue Wildnis mitten in Deutschland entstehen zu lassen. Wo früher Raketen abgeschossen werden sollten, entstehen nun Urwälder, unberührte Seen und artenreiche Moore. Diese wertvollen Naturschutzflächen, in einer Größe von fast 800 Hektar soll nun nicht mehr privatwirtschaftlich genutzt werden, die Bundesregierung stellt sie dem WWF als sogenannten Nationales Naturerbe zur Verfügung.

Besonders charakteristisch für die Zerweliner Heide sind die teilweise über 200 Jahre alte Tieflandbuchenwälder. So alte Buchen sind in Deutschland extrem selten, nur etwa zwei Prozent der Fläche in Deutschland wird von Wäldern älter als 180 Jahre bedeckt. Mit der Übernahme der Flächen ist es jedoch nicht getan. Auf etwa der Hälfte des Gebiets müssen naturferne Nadelbaumforste mit Fichten und Kiefern über einen Zeitraum von 20 Jahren Laubbäumen weichen. Nach Abschluss der Umbaumaßnahmen werden auch diese Wälder als „Urwälder von morgen“ sich selbst überlassen, um Adlern, Kranichen, Sumpfschildkröten und vielen weiteren seltenen Tier- und Pflanzenarten einen optimalen Lebensraum zu bieten.

 Elsa Nicke vom Bundesumweltministerium sieht in der Aktion auch ein Beispiel für die Zukunft: „Das „Nationale Naturerbe“ steht für die beispielhafte Initiative des Bundes, gesamtstaatlich repräsentative Naturschutzflächen im Eigentum des Bundes nicht  zu privatisieren, sondern in Naturschutzhände zu geben, die die Flächen nach anspruchsvollen naturschutzfachlichen Vorgaben betreuen und entwickeln. Die Wälder des Nationalen Naturerbes wollen wir der natürlichen Entwicklung überlassen.  Die Zerweliner Heide ist hierfür ein besonders gutes Beispiel.“

Die umfassenden Betreuungs- und Naturschutzziele, die die Naturerbefläche Zerweliner Heide mit sich bringt, werden gemeinsam mit dem Bundesforst als Dienstleister umgesetzt. Gunter Brinkmann, Leiter Bundesforst, erläutert: „Die BImA hat mittlerweile bundesweit rund 125.000 Hektar naturschutzfachlich wertvoller Flächen in das Nationale Naturerbe eingebracht. Wir kümmern uns auch um das Flächenmanagement: Der WWF und der vor Ort zuständige Bundesforstbetrieb Oder-Havel-Spree werden vor Ort gemeinsam die umfassenden Naturschutz- und Betreuungsaufgaben umsetzen.“