Sie gehören zu Deutschlands Stränden wie der weiße Sand: Strandkörbe. Doch wo wurde der Strandkorb eigentlich erfunden? Die Antwort findet sich im Nordosten der Republik.

Den ersten Strandkorb fertigte der Rostocker Hof-Korbmachermeister Wilhelm Bartelmann 1882 für die von fortschreitendem Rheuma geplagte Elfriede von Maltzahn an. Die adelige Dame wollte trotz ihrer Schmerzen nicht auf den Strandbesuch verzichten. Sie suchte also nach einer Möglichkeit, das Sonnenbad in Warnemünde im gesundheitsfördernden Reizklima zu genießen und dabei entspannt dem Meeresrauschen zu lauschen.

EIne Familie posiert um den Strandkorb (ca. 1900)

EIne Familie posiert um den Strandkorb (ca. 1900)

Für sie entwarf Wilhelm Bartelmann im Frühjahr 1882 den Strandstuhl, einen Einsitzer mit Rückenteil und Dach, geflochten aus Rohr und Weide, innen mit Stoff ausgeschlagen. Bereits im Sommer des gleichen Jahres saß Elfriede von Maltzahn darin gemütlich am Strand. Sie zog dabei viele aufmerksame Blicke auf sich, vor allem aber auf ihre komfortable Sitzgelegenheit. Folglich erhielt der findige Korbmacher noch im gleichen Jahr zahlreiche weitere Bestellungen, die zur ständigen Weiterentwicklung seines Strandstuhles inspirierten. Schon 1883 verließ dann der erste Zweisitzer seine Korbmacherwerkstatt in der Langen Straße 73 in der Rostocker Innenstadt. Obwohl die Nachfrage stetig stieg, versäumte es Wilhelm Bartelmann, rechtzeitig ein Patent auf seine Erfindung anzumelden. So boten auch andere Korbmacher schnell das innovative Strandmöbelstück an, erweiterten den Strandstuhl um immer andere sinnvolle Details. Auch der von Bartelmann ausgebildete Korbflechter Johann Falck fertigte in Rostock die anfangs von einigen als „aufrecht stehende Wäschekörbe“ belächelten Strandstühle. Er setzte 1897 seine Idee einer verstellbaren Rückenlehne um und entwickelte damit die vorhandenen Modelle entscheidend zum Halblieger weiter.

Elisabeth Bartelmann eröffnete bereits 1883 in der Nähe des Warnemünder Leuchtturms die erste Strandkorbvermietung überhaupt. Damit ermöglichte es Wilhelm Bartelmanns Ehefrau schon kurz nach dessen Erfindung jedermann, ein Sonnenbad im Strandstuhl zu genießen: Unter dem Familiennamen Bartelmann gründeten die sieben Kinder des Strandkorberfinders entlang der Ostseeküste in Kühlungsborn, Graal-Müritz, Dierhagen und Rerik eigene Geschäfte. Bis heute erhalten und in Familienbesitz ist das Wohn- und Geschäftshaus in Kühlungsborn-West, das Max Bartelmann gemeinsam mit seiner Ehefrau Martha im Jahr 1903 als „Kaufhaus Bartelmann“ gründete. In vierter Generation führt es Andreas Bartelmann heute mit einem Einzelhandelssortiment.

Die Zunahme des Fremdenverkehrs an Nord- und Ostsee führte zu einer wachsenden Beliebtheit des Urlaubsmöbels und seine Erscheinung verbreitete sich über die deutschen Seebäder hinaus auch an den niederländischen und flämischen Küsten. In Warnemünde zählte man 1892, zehn Jahre nach Bartelmanns Erfindung, etwa hundert Körbe, um 1900 stieg die Zahl auf 550, die drei Vermietern gehörten. Im Jahr 1935 vermieteten 16 Anbieter vor Ort etwa 3000 dieser Logenplätze, 7500 waren es zwischen Boltenhagen und Dierhagen insgesamt. Zum Vergleich: 2012 gab es in Warnemünde zehn Strandkorbvermietungen mit einem Angebot von 1200 Körben.

Die für Mecklenburg-Vorpommern typischen Strandkörbe mit ihrer rundlichen, geschwungenen Form entstehen übrigens bis heute wie zu Zeiten Wilhelm Bartelmanns in traditioneller Handarbeit, unter anderem in der Korbwerk Heringsdorf GmbH. Geändert haben sich lediglich die Auswahl der Materialien und die Vielfalt der Modelle.