In Berlin und Brandenburg wird so viel gepaddelt, gerudert und geschippert wie noch nie. Das wirkt sich laut einer neuen Studie auch positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung in der Region aus. Doch die Branche sieht sich durch den Bund ausgebremst – denn der will vorerst nicht weiter in den Tourismussektor investieren.

Havel und Oder, Fließe im Spreewald und das Seenland in der Lausitz, dazu der glasklare Stechlinsee: Das Berliner und Brandenburger Wassersportrevier ist groß – und beliebt. Erstmals belegen das jetzt auch belastbare Zahlen zum Wassertourismus in der Region: Die Industrie- und Handelskammern (IHK) haben gemeinsam mit weiteren Partnern eine Studie initiiert, die am Donnerstag vorgestellt wurde.

Auch die Branchen auf dem Land profitieren

Den aktuellen Zahlen zufolge erwirtschaften mehr als 2.000 Beschäftigte in beiden Ländern einen Bruttojahresumsatz von insgesamt 200 Millionen Euro durch den Wassertourismus. 300 Bootshäfen und Vereine, 65 Reedereien und knapp 130 Kanuverleiher tragen demnach dazu bei, dass die Branche sich mausert. „Der Wassertourismus hat sich nachweislich in Brandenburg und Berlin zu einem bedeutenden touristischen Angebotssegment entwickelt und ist damit ein wichtiger Image- und Wirtschaftsfaktor“, sagte Mario Tobias, Geschäftsführer der IHK Potsdam zu den Ergebnissen der Studie.

Von der florierenden Wirtschaft auf dem Wasser profitieren laut der Untersuchung auch die Branchen an Land. Jeder zweite Hafen sei mittlerweile touristisch ausgerichtet und ziehe Gäste an, die zusätzliches Geld in Gastronomien oder Bootschartern ließen. Die Experten erwarten auch für die kommenden Jahre einen weiteren Wachstum der Branche, der – auch bereits jetzt – vor allem durch den Ausbau bestehender Betriebe erfolge. Auch die Mehrheit der Anbieter selbst erwartet eine weiter steigende Kundennachfrage, eine Marktsättigung sei nicht in Sicht.

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Gerade weil das Verkehrsaufkommen auf den Gewässern der Region wächst, bedarf es jedoch auch stetiger Investitionen, mahnen die Studienautoren. So seien viele Wasserstraßen in Berlin und Brandenburg in keinem guten Zustand. Brücken, Schleusen und Uferwände müssten instandgesetzt und unterhalten werden, Liegeplätze erweitert und ausreichend Personal gefunden werden, um der Entwicklung standzuhalten und weiteres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen.

Doch der Bund stelle sich quer, moniert die Branche: Seitdem das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur einen Investitionsstopp an Wasserstraßen mit wenig Güterverkehr erlassen habe, mangele es an dringend notwendigen Investitionen, beklagen die Herausgeber der Studie von den Industrie- und Handelskammern. Sie fordern, dass auch Berlin und Brandenburg von einer kürzlich beschlossenen Erhöhung der Bundesmittel für Binnenwasserstraßen profitieren, um die positiven Entwicklungen voranzutreiben. Auch die Einschränkung von Öffnungszeiten an mehreren Schleusen behindere dies, was ebenso der Tourismusverband bereits in der Vergangenheit bemängelte.

Zu viel Bürokratie und umständliche Verfahren

Destruktiv sind laut den Autoren auch die Überregulierung sowie zeit- und kostenaufwendige Genehmigungsverfahren. So kritisiere jeder dritte Anbieter die umständlichen und kostenintensiven Vorschriften und Verordnungen. Hinzu kämen die hohen Gebühren für die Nutzung der Flächen auf dem Wasser.

Dass die Region mit ihren Wassergebieten ein enormes wirtschaftliches Potenzial birgt – das belegt die Studie einerseits. Doch wenn das in Zukunft so bleiben soll, auch das ergibt die Untersuchung, können sich Bund und Länder nicht auf dem derzeitigen Wachstumserfolg ausruhen. Sie müssen investieren, um Berlin und Brandenburg auch langfristig zu einem beliebten Ziel für Paddelnde, Rudernde und Schippernde zu machen.