Wer von Insel Fehmarn nach Dänemark reisen will, ist auf eine Fähre angewiesen. Daher drängt Dänemark auf den Bau eines Tunnels – die Fehmarnbelt-Querung. Doch besonders auf deutscher Seite gibt es massive Bedenken.

Mit einer Länge von 17,6 Kilometer soll der Fehmarnbelttunnel zwischen der schleswig-holsteinischen Insel Fehmarn und der dänischen Insel Lolland der bisher längste kombinierte Eisenbahn- und Straßentunnel der Welt sein. Die erwarteten Kosten trägt Dänemark mit Unterstützung der EU zwar alleine, trotzdem gibt es auf deutscher Seite große Bedenken. Gestern startete in Lübeck die nächste Erörterungsrunde zum geplanten Großprojekt. Nötig geworden ist dies, weil über 12.000 teils umfangreiche Einwendungen mit gewichtigen Argumenten gegen das Projekt die Planfeststellungsbehörde zwangen, erneut wesentliche offene Fragen mit Umweltverbänden, Betroffenen und Vorhabenträger zu besprechen. Die große Menge von Einwendungen hat  zwei Dinge deutlich gemacht: Zum einen hat der Vorhabenträger, die staatseigene dänische Bau- und Betreibergesellschaft Femern A/S, nach wie vor keine schlüssigen Antworten auf Fragen zur Tunnelsicherheit, zum baubedingten Einfluss auf den streng geschützten Ostseeschweinswal und zur erheblichen Sedimentation durch über 20 Millionen Kubikmeter Meeresboden, die mitten in einem europäischen Schutzgebiet ausgebaggert werden. Zum anderen ist der Widerstand in der Region trotz der  Stellungnahmefrist mitten in den Sommerferien 2016 entgegen des Kalküls von Vorhabenträger und Landesplanungsbehörde nicht kleiner geworden, sondern extrem gewachsen.

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„Nach wie vor sind viele Fragen offen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit durch die Behörde ist mehr eine Beteiligungsverhinderung. Leider zeigt sich erneut, wie verschworen Vorhabenträger und Landesplanungsbehörde entgegen des zur Unabhängigkeit verpflichtenden rechtlichen Auftrags zusammenarbeiten. Es fehlt ein unabhängiger Sachwalter, der nicht nur Wirtschaftsinteressen angemessen schützt, sondern auch Natur und Umwelt“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Angesichts des hoch risikobehafteten dänischen Finanzierungsmodells mit engem Zeitkorsett stünden deutsche Behördenangestellte bei der Fehmarnbelt-Querung unter großem Druck. Dänemarks Politik hat mehrfach Einfluss auf das Verfahren sowohl in Kiel als auch beim Bundesverkehrsminister in Berlin genommen. Dies ist politisch wie fachlich inakzeptabel, hinterlässt es doch sichtbare Spuren im Genehmigungsprozess. Am Ende steht ein Planfeststellungsbeschluss mit großen Risiken, der zur Rettung des Naturerbes nur durch Klagen zu stoppen ist: traurige Logik eines Systems, bei dem die Vorhabenträger nur ihnen genehme Gutachter beauftragen und eine abhängige Verwaltung allein die Interessen der Planer vertritt.  „Deswegen müssen wir doppelt so gut arbeiten, doppelt so gut aufpassen und doppelt so hart kämpfen, um für den Schutz von Mensch und Natur erfolgreich tätig werden zu können“, sagt Malte Siegert, Fehmarnbeltexperte des NABU. Der NABU sei deshalb für die zweite Runde des Erörterungstermins und wahrscheinlich unausweichliche juristische Auseinandersetzungen bestens vorbereitet.

Laut Umweltschützern fehle weiterhin eine europarechtlich vorgeschriebene Strategische Umweltprüfung (SUP), die durch den deutsch-dänischen Staatsvertrag in rechtlich unzulässiger Weise ausgehebelt wurde. Es fehle angesichts des zu erwartenden viel geringeren Verkehrsaufkommens auch der Bedarf, zumal das auf einem Monopol basierende Geschäfts- und Finanzmodell von Femern A/S jetzt schon durch die angekündigte Aufrechterhaltung der Fährverbindung durch Scandlines hinfällig sei. „Die Art des Umgangs mit so offensichtlichen Schwachstellen wird Politik wie Planern auf die Füße fallen. Das Vorhaben ist inklusive der Hinterlandanbindungen mit rund vierzehn Milliarden Euro absurd teuer, infrastrukturell überflüssig, aus ökologischer Sicht unverantwortlich und verstößt auch noch gegen nationales und europäisches Recht“, so Siegert.