Plaue

Der kurze industrielle Silokanal hinter der Vorstadtschleuse Brandenburg ist schnell vergessen, wenn sich vor dem Bug des Bootes der riesige Plauer See öffnet. Die Untere Havel ist hier wieder einmal aus einem Fluss zu einem prächtigen großen Gewässer geworden. Am Horizont tauchen die Fabriktürme von Kirchmöser auf. Die Stadt – übrigens der Wahlkreis von Bundesaußenminister Steinmeier – steht seit dem Ende des 1. Weltkriegs für Eisenbahn und Gleisanlagenbau. Auf der Steuerbordseite liegt es dann vor den Wasserwanderern: das Plauer Schloss. Der Bootsanleger am Plauer Bornufer direkt unterhalb des Schlosses an der Alten Plauer Brücke lädt zur sofortigen Unterbrechung der Fahrt ein. Der Zustand des großen Schlossgebäudes ist etwas bedenklich, dennoch wird es immer noch als Restaurant, Café und der Schlosshof als Ort für Musikveranstaltungen und Ausstellungen genutzt. Gerade der abgeblätterte, etwas morbide Zustand aber macht den Reiz aus.

Ab 1711 wurde die Schlossanlage vom preußischen Minister Friedrich von Görne auf den Resten einer mittelalterlichen Burg als barocke Dreiflügelanlage gebaut. Das Schloss gilt wegen seiner architektonischen Gestaltung und der Einbindung in eine historische Gartenanlage als eine der anspruchsvollsten Schlossanlagen des 18. Jahrhunderts im norddeutschen Raum. Der große, teilweise naturbelassene Park umgibt fast das gesamte Schloss. Durch kleine Lichtungen der großen alten Eichen, Buchen und riesigen Platanen ergeben sich immer wieder romantische Ausblicke hinaus auf die Wasserflächen der Havel und des Plauer Sees.

Ein Angler gesellt sich zu den Bootsleuten am Kai. Ein freundlicher Brandenburger, der jeden Abend hierhin kommt, und gerne von seiner Heimat Plaue erzählt. Ob wir ihn denn störten mit unserem Boot? „Nein“, sagt er lachend, „die Fische kennen mich schon, die beißen immer“. Und das machen sie wirklich. Den meisten der dicken Brassen gibt er aber sofort ihre Freiheit wieder. Er ist nur an Aalen interessiert, und bei denen nur an den großen. So richtig erfolgreich damit ist er heute aber dennoch nicht.

Die untergehende Sonne wirft ein schönes rotes Licht auf die verrosteten Jugendstil-Metallgitter der Alten Plauer Brücke. Etwas traurig ist der Mann, dass die über 100 Jahre alte Brücke, die auf 130 Metern Länge Plaue mit Margaretenhof verbindet, verrottet. Für den Fahrzeugverkehr ist sie schon gesperrt: „Etwas von den vielen BUGA-Millionen hätte auch hier ankommen sollen bei der denkmalgeschützten Brücke“, sagt er und zuckt enttäuscht mit den Schultern. Die Sonne ist untergegangen, der Angler bricht mit einem herzlichen „Gute Nacht“ auf. Morgen nach Feierabend kommt er wieder – das ist seine Entspannung nach einem langen Arbeitstag.