Irgendwo dort weit hinter dem Horizont liegt ein Ziel. Aber ob großer Ozeanriese oder kleines Sportboot, das Schiff soll nicht irgendwo ankommen, sondern will den richtigen Zielpunkt erreichen, und zwar bei Nacht oder Nebel und Sturm oder Flaute. Die Richtung zu bestimmen ist daher schon immer eine große Herausforderung für Fahrten über das Meer. Seit der Mensch zur See fährt, nutzt er vielfältige Mittel der Navigation. Der Kompass ist das gebräuchlichste Hilfsmittel zur Orientierung auf dem Wasser.

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Foto: Historischer Kreiselkompass auf der Brücke von FEUERSCHIFF BORKUMRIFF

Schon Jahrhunderte vor Chr. war im antiken Griechenland und in China bekannt, dass sich das Mineral Magnetit in Nord-Süd-Richtung dreht. Mit dieser Kenntnis entwickelten die Chinesen eine nasse Kompassnadel, die ihnen den Weg wies.

Die von Europa ausgehenden Entdeckungsfahrten des 15. und 16. Jahrhunderts sind maßgeblich erst möglich gewesen, dass auch den Spaniern und Portugiesen – den großen Seefahrernationen dieser Zeit – die Wirkungsweise des Kompasses bekannt wurde. Die Europäer bauten eine Windrose und die Kompassnadel in einer von Leonardo da Vinci entwickelten kardanischen Aufhängung in einem geschlossenen Gehäuse ein und erhöhten dadurch nochmals die Genauigkeit der Kursbestimmung.

Das Prinzip ist einfach: Wir können uns den Nordpol als großen Magneten vorstellen. Dabei entspricht der magnetische Pol in etwa dem geografischen Punkt des Pols. Mit Hilfe einer empfindlichen und frei schwingenden Magnetnadel können wir also eine ziemlich genaue Nord-Süd-Richtung erkennen – und haben einen Kompass. Und somit funktioniert die Navigation auch ohne Sicht zu Sternen, zur Sonne und zu Landpunkten. Die magnetischen Pole, auf die sich die Kompassnadel bezieht, stimmen aber nicht genau mit den geografischen Polen überein. Der magnetische Nordpol liegt bei etwa 78 Grad Nord und 103 Grad West, der magnetische Pol der Südhalbkugel auf 65 Grad Süd und 139 Grad Ost. Die Seekarten beziehen sich allerdings nicht auf die magnetischen Pole sondern auf das Meridiansystem, die Linien eines Halbkreises des Erdumfangs zwischen Nordpol und Südpol.

Es gibt also zwei unterschiedliche Richtungen nach Norden:

Den von den Meridianen in den Seekarten vorgegebenen Kurs (rwK) „rechtweisend Nord“ und den vom Magnetfeld der Erde bestimmten Kurs (mwK) „missweisend Nord“. Das bedeutet für den Seemann, dass er bei jeder Kursbestimmung den Winkelunterschied – die sogenannte Missweisung – mittels einer Umrechnungsformel in seine navigatorische Kursplanung einbeziehen muss.

 

Der Magnetkompass

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Foto: Klassischer Magnetkompass, der viele Segeljahre auf der MARY II diente.

Der Magnetkompass wird besonders auf Sportbooten eingesetzt und sollte dort auch niemals fehlen. Er besteht aus der Kompassscheibe, die auf einer spitzen festen Nadel gelagert ist. An der Unterseite der Kompassscheibe sind zwei Magnete angebracht, die für die automatisch-physikalische Einstellung der Scheibe in Nord-Süd-Richtung sorgen.

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Foto: Kreiselkompass an Bord des Seenotrettungskreuzers ALFRED KRUPP

Der Kreiselkompass

Der Kreiselkompass ist wesentlich aufwendiger und wird vorwiegend auf Berufsschiffen eingesetzt. Er funktioniert nach dem Prinzip, dass sich ein schnell drehender Kreisel selbst stabilisiert. Der Kreisel wird in dem Kompass so eingestellt, dass er auch bei Änderung der Schiffslage und Kurs des Schiffs seine Richtung beibehält und immer nach Norden zeigt. Der Kreisel orientiert sich nach Einstellung immer an der Rotationsachse der Erde und kennt deswegen nicht den Unterschied zwischen rechtweisendem und missweisendem Kurs, der beim Magnetkompass zu berücksichtigen ist.