Dicke Steinpackungen auf den Ufern, ein begradigtes Flussbett und keine Verbindungen mehr zu den Auengewässern und Altarmen – das ist das Schicksal vieler deutscher Flüsse. Was früher eine wichtige Rolle für die Leichtigkeit und Sicherheit des Güterverkehrs spielte, ist an vielen kleineren Bundeswasserstraßen wie Havel, Aller, Fulda und Werra heute jedoch obsolet.

Riesiges Potenzial
Die Bundesregierung will verstärkt in die Renaturierung von Bundeswasserstraßen investieren und damit neue Akzente in Natur- und Gewässerschutz, Hochwasservorsorge sowie Wassertourismus, Freizeitsport und Erholung setzen. Mit diesem Ziel hat das Bundeskabinett heute das Bundesprogramm“ Blaues Band Deutschland“ beschlossen.Das Bundesprogramm bietet für jene Wasserstraßen eine Zukunftsperspektive, die nicht mehr für den Güterverkehr benötigt werden: sogenannte Nebenwasserstraßen mit einer Länge von ca. 2.800 Kilometern. Auch im verkehrlich intensiv genutzten Kernnetz der Bundeswasserstraßen werden Renaturierungsmaßnahmen für den Aufbau eines bundesweiten Biotopverbunds durchgeführt. „Hier schlummert ein riesiges Potenzial vor unserer Haustür: gut 2800 Flusskilometer, die nicht mehr für den Güterverkehr gebraucht werden. Wenn man hier Fluss, Ufer und Aue wieder zu einer Einheit verbindet, dann profitiert nicht nur die Natur. Die Programmgelder sind auch eine wichtige Zukunftsinvestition für uns Menschen“, freut sich NABU-Chef Tschimpke.

Güterverkehr nicht mehr alleinausschlaggebend
Zur Umsetzung des Bundesprogramms werden ein Zeitraum von 30 Jahren und ein jährlicher Investitionsbedarf von 50 Millionen Euro angesetzt. Gemeinsam mit den Akteuren vor Ort werden nun regionale Entwicklungskonzepte erarbeitet. Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt äußerte sich erfreut: „Deutschland hat eine einmalige Wasserlandschaft. Diesen Naturschatz wollen wir erhalten. Mit dem Bundesprogramm ‚Blaues Band Deutschland‘ setzen wir uns für Erhalt und Wiederherstellung naturnaher Flusslandschaften ein. Der Güterverkehr ist nicht das alleinausschlaggebende Kriterium für Investitionsentscheidungen; in Zukunft wird auch bewertet, welchen Freizeitnutzen und welche ökologischen Entwicklungsmöglichkeiten eine Wasserstraße hat.“ Damit ist nun auch in der Politik angekommen, was Naturschützer seit langer Zeit fordern. Denn Flüsse sind mehr als nur Verkehrswege für den Gütertransport. Flüsse, Ufer und Auen sind ein wertvoller Teil unserer Landschaft und Lebensraum für viele gefährdete Tiere und Pflanzen. Außerdem spielen kleinere Gewässer eine immer größere Rolle für die Naherholung der Bevölkerung.

Die Havel zeigt wie es geht
Aus Sicht des NABU ist nun wichtig, dass die offenen Rechtsfragen zügig geklärt sowie die notwendigen Mittel bereitgestellt werden und das Programm möglichst schnell in die operative Umsetzung kommt. „Ganz zentral ist, dass überall in Deutschland fachlich qualifiziertes Personal für diese Aufgabe bereit gestellt wird. Es braucht einen Kümmerer sonst versacken gute Ideen und Pläne leicht in der Schublade“, so Tschimpke. Außerdem hält es der NABU für unerlässlich, die Vergabekriterien so zu gestalten, dass auch Projekte von Dritten wie Verbänden und Kommunen gefördert werden können. „Gute Initiativen müssen unabhängig vom institutionellen Hintergrund unterstützt werden“, so Tschimpke weiter.

An der Havel zeigt der NABU schon seit Jahren wie es gehen könnte. In enger Zusammenarbeit mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, und gefördert durch Bund und die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt renaturiert er die Untere Havel. Auf 90 Flusskilometern werden Altarme wieder angeschlossen, Uferbefestigungen beseitigt, Flutrinnen aktiviert sowie Ufer- und Auenwald entwickelt.